Orientierungssatz :
Der 3-Jahres-Zeitraum des § 133 Abs 4 SGB 3 stellt für die Erweiterung des Bemessungszeitraumes auf längstens 2 Jahre iS des § 131 Abs 1 SGB 3 keine immanente Schranke dar.
Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass der Dreijahreszeitraum des § 133 Abs 4 SGB III für die Erweiterung des Bemessungszeitraums iS des § 131 Abs 1 SGB III (Härtefallregelung) eine immanente Schranke darstellt.
Zu Unrecht ist das LSG allerdings davon ausgegangen, dass die Erweiterung des Bemessungszeitraums auf längstens zwei Jahre iS des § 131 Abs 1 SGB III durch den Dreijahreszeitraum des § 133 Abs 4 SGB III (idF, die die Norm durch das 2. SGB-III-ÄndG erhalten hat) begrenzt wird. § 133 Abs 4 SGB III gelangt nicht unmittelbar zur Anwendung. Die Vorschrift regelt nur einen Sonderfall des Bemessungsentgelts. Danach ist, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs (auf Alg) nicht festgestellt werden kann, Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt (inzwischen: die Agentur für Arbeit) die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (so genannte fiktive Bemessung). Ein solcher Fall liegt nicht vor, weil der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im maßgeblichen Dreijahreszeitraum vom 3. Dezember 1998 bis zum 2. Dezember 2001 zumindest zwischen dem 3. Dezember 1998 und dem 30. September 1999 bei der D Stahlbau GmbH gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war, lediglich unterbrochen durch zwei Bezugszeiten von Krankengeld vom 26. Februar bis zum 9. März 1999 und vom 16. September bis zum 24. September 1999, die aber ebenfalls versicherungspflichtig (§ 26 Abs 2 Nr 1 SGB III) und deshalb Zeiten mit Anspruch auf Entgelt iS des § 133 Abs 4 SGB III sind (vgl § 135 Nr 4 SGB III aF). Zusammengenommen übertreffen bereits diese Zeiten den Umfang von 39 Wochen.
15Der Norm kann auch nach Sinn und Zweck der Regelungen und ihrer systematischen Stellung innerhalb des Alg-Bemessungsrechts nicht der Rechtssatz entnommen werden, Zeiten vor der in § 133 Abs 4 SGB III normierten Dreijahresgrenze müssten bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts, insbesondere im Rahmen der Härteregelung des § 131 Abs 1 SGB III unbeachtet bleiben. § 133 Abs 4 SGB III soll nämlich nach dem Gesamtkontext der leistungsbemessungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 129 ff SGB III, wie sich bereits aus der gesetzlichen Überschrift der Norm ("Sonderfälle des Bemessungsentgelts") ergibt, nur außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Fallkonstellationen regeln, in denen ein hinreichend repräsentatives Entgelt nicht erzielt worden ist. Aus der Systematik des Gesetzes ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Wertung der Sondervorschrift des § 133 Abs 4 SGB III sich auf die Vorschrift des § 131 Abs 1 SGB III erstreckt bzw als Korrektiv in diese hineininterpretiert werden soll. Für die gegenteilige Auffassung sprechen auch nicht die Motive des Gesetzgebers. So heißt es in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 18. Juni 1996 bezogen auf die streitgegenständliche Neufassung des § 133 Abs 4 SGB III (§ 133 Abs 3 des Entwurfs) lediglich, dass das Bemessungsentgelt in Fällen, in denen ein Bemessungszeitraum mit hinreichend aktuellen Entgelten nicht gebildet werden kann, fiktiv nach dem Arbeitsentgelt bemessen werden solle, das der Arbeitslose bei erfolgreicher Arbeitsvermittlung voraussichtlich erzielen könne (BT-Drucks 13/4941, S 178 zu § 133 Abs 3). Daraus kann aber gerade nicht auf den Willen und die Vorstellung des Gesetzgebers geschlossen werden, dass jeglicher zu bildender Bemessungszeitraum innerhalb der drei Jahre des § 133 Abs 4 SGB III liegen müsse. Dies hätte an anderer Stelle ausdrücklich geregelt werden müssen.
Zu Unrecht hat wohl das LSG bei seiner Entscheidung den Bemessungsrahmen ab Ende des Arbeitsverhältnisses errechnet, nicht jedoch ab Ende des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses Der nach § 130 Abs 1 SGB III zu bildende Bemessungsrahmen von 52 Wochen, der vorliegend nach Aktenlage nur Zeiten der Beschäftigung und des einer Beschäftigung gleichgestellten Krankengeldbezugs enthält, kann - und wird im vorliegenden Falle wohl - teilweise außerhalb des Dreijahreszeitraums (vor Entstehung des Anspruchs auf Alg) des § 133 Abs 4 SGB III liegen. Auch insoweit bildet § 133 Abs 4 SGB III keine absolute Grenze für die Berücksichtigung von Zeiten mit Entgelt, sondern ordnet nur eine fiktive Bemessung des Alg für den Fall an, dass innerhalb der Dreijahresgrenze nicht mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt festgestellt werden. Hierin erschöpft sich die Bedeutung der Vorschrift. Mit anderen Worten: Enthalten die letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, wird das Bemessungsentgelt nach den üblichen Regelungen bestimmt; dabei kann der 52-wöchige Bemessungsrahmen auch teilweise außerhalb des Dreijahreszeitraums liegen, und es sind alle (vollen) Entgeltabrechnungszeiträume - nicht nur 39 Wochen - innerhalb des Bemessungsrahmens (nicht nur hineinragende) zu berücksichtigen.